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„Fall Kimmich“ gelöst: Für Kommissar Eberl wird’s jetzt richtig knifflig

Uli Hoeneß spielte den großen Tag des FC Bayern herunter. Man habe nur „Kaffee getrunken“, sagte der große Mann der Münchner vergangene Woche und wollte nicht verraten, dass bei dem Heißgetränk offenbar auch die Zukunft von Joshua Kimmich besiegelt worden war. Der mächtige Aufsichtsrat hatte sich getroffen, um das Papier, das der Fußballer der Münchner und Sportvorstand Max Eberl ausgehandelt hatten, abzusegnen.

Kimmich macht in diesem Sommer doch nicht los vom FC Bayern. Und wird das vermutlich als Profifußballer auch nicht mehr tun. Bis 2029 bindet er sich an den Klub. Per Video verkünden er und der Verein die Einigung. Er wolle, das sagte er, dass etwas bleibt.

Bei Vertragsende ist Kimmich 34, ein gutes Alter, um sich dann anderen Dingen zu widmen. Bis dahin wird aber erstmal weiter gutes Geld verdient und daran gearbeitet, möglichst viele Titel zu gewinnen. Die sportliche Perspektive des Vereins, so lautet die Erzählung von Eberl, war für Kimmich entscheidend. Und die hat der Sportvorstand in den vergangenen Wochen mächtig aufpoliert.

Jamal Musiala verlängerte seinen Vertrag. Alphonso Davies bleibt ebenfalls. Beide stehen für die Zukunft. Kimmich dagegen ist noch mehr Gegenwart als Zukunft. Er ist der Schlüsselspieler der Münchner, der Mann, der als Chef im Mittelfeld alles zusammenhält und gleich mehrere Aufträge parallel auf höchstem Niveau abarbeiten kann. Er kann einen Florian Wirtz aus dem Spiel nehmen, was in den vergangenen Wochenals nahezu unmöglich galt, Bälle ganz wunderbar hier und dort chippen und seinen Kollegen dazu noch erklären, was sie machen sollen.

Kimmich will alles, immer

Als Ergebnis bekam der FC Bayern im Champions-League-Hinspiel gegen die Werkself einen Anführer zu sehen, den es im deutschen Fußball so derzeit kein zweites Mal gibt. Und das nicht in irgendeinem belanglosen Spiel, sondern im bislang wichtigsten der Münchner Saison. Gegen Bayer Leverkusen war Kimmich überall und am Ende noch ein bisschen angefasst, dass der FC Bayern (3:0) nicht noch höher gewonnen hatte. Kimmich will alles. Immer.

Was er im Vertragspoker mit dem FC Bayern wollte, ist nicht ganz klar. Um zu viel Geld soll es nicht gegangen sein, sagt etwa Eberl und auch Kimmich fand sich „nicht gierig“. Aber das Thema Wertschätzung und damit verbunden auch die Wertschöpfung dürften dennoch eine große Rolle gespielt haben. Nicht immer in den mittlerweile schon fast zehn gemeinsamen Jahren war zwischen Klub und Spieler alles in perfekter Balance. In der Impfdebatte während der Corona-Zeit fühlte sich Kimmich im Stich gelassen. Das hatte Spuren hinterlassen.

Aber die Protagonisten von damals, Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić in erster Reihe, sind längst Geschichte. Eberl hat die Kadergeschicke über- und Kimmich offenbar für sich eingenommen. Nur in den besten Worten spricht der 30-Jährige über den Sportvorstand. Gemeinsam fanden sie einen Weg, um weiterzumachen. Der Krimi fand das beste Ende. Commissario Eberl hatte den kniffligen Fall Kimmich mit Bravour gelöst. Ob er dabei alle Vorgaben eingehalten hat, das weiß der Zuschauer nicht. Ist es ihm gelungen, Gehalt einzusparen? Das ist zumindest fraglich. Aber das Drücken der Kosten für Kader ist eine seiner großen Aufgaben, beim Erhalten der höchsten sportlichen Qualität.

Jetzt rücken mehrere DFB-Stars in den Fokus

Aber womöglich wurde Kimmich als „too big too fall“ in München gesehen. Deshalb richtet sich nun im Sommer der Fokus auf andere Spieler mit dicken Verträgen. Trotz seiner beeindruckenden sportlichen Auferstehung bleibt Leon Goretzka ein Kandidat für einen Verkauf. Mit Aleksandar Pavlović ist schon ein Mann etabliert, der ihm den Stammplatz weggenommen hat, mit dem Hoffenheimer Tom Bischof kommt zur neuen Saison das nächste Talent, das schnell wachsen soll. Andere Kandidaten für einen neuen Klub: Joao Palhinha, Leroy Sané und Serge Gnabry. Auch um Kingsley Coman gibt es Gerüchte. Der Franzose ist allerdings immer noch ein Spieler, der regelmäßig den Unterschied ausmacht. Das gilt für die anderen Spieler eher nicht (mehr).

Mit Kimmich sichert der FC Bayern den Weg in die Zukunft ab. Denn ohne den Anführer im Mittelfeld und womöglich auch ohne Thomas Müller, dessen Verbleib über den Sommer hinaus weiterhin völlig unklar ist, wäre die Hierarchie komplett ins Wanken geraten. Klar, hinten steht ein Manuel Neuer und vorne ein Harry Kane. Aber die großen Leader sind die beiden nicht. Das sind eben Müller, mittlerweile nur noch emotional, und Kimmich. In dessen Schatten können nun neue Fachkräfte reifen. Sportlich wird das ein Musiala werden, vielleicht auch ein Michael Olise, der der großen Tradition der Flügelstürmer-Helden beim FC Bayern neue Kapitel schenken könnte. Und emotional? Gute Frage. Außer Kimmich gibt es (noch) wenig Antworten.

Auch deshalb hatten beide Parteien bei den Verhandlungen ein gutes Blatt auf der Hand. Kimmich wusste, wie schwer die Münchner das entstandene Loch hätten stopfen können. Und der FC Bayern wusste, dass Kimmich zwar vermutlich auf großes Interesse bei finanzstarken Marktbegleitern stoßen würde, aber eigentlich jemand ist, der das gewohnt sehr zu schätzen weiß. Und dennoch war es ein nicht risikoloser Boss-Move des Klubs, dem Spieler das vorgelegte Angebot zu entziehen und auf Einsicht zu hoffen.

Nicht immer ging der Poker für den FC Bayern aus

Eberl hatte zu seinem Dienstjubiläum einen saftigen Spezialauftrag bekommen: Mit dem Druck des FC Bayern Kimmich zu überzeugen. Das war nicht immer gut gegangen, in der Zeit vor Eberl. Michael Ballack machte einst den Abflug, David Alaba ebenfalls. Für Kimmich soll das Szenario eines Wechsels zwar weitgehend unattraktiv gewesen sein, aber nicht immer kann sich auch ein Großklub wie der FC Bayern darauf verlassen, dass das Pendel in die eigene Richtung zurückschlägt. Manchmal ist der verletzte Stolz eines Spielers größer – oder das Arbeitspapier eines Konkurrenten.

Eberl aber geht aus dem monatelangen Verhandlungspoker, den er immer wieder betont locker zu moderieren versuchte, als großer Gewinner hervor. Musiala, Davies und Kimmich hat er unter Dach und Fach gebracht, das ist seine Masterclass. Er kann sich damit profilieren, den Mittelfeldchef, der nach der Zeit von Manuel Neuer sehr wahrscheinlich neuer Kapitän des FC Bayern wird, trotz der All-in-Strategie mit dem zurückgezogenen Angebot in München gehalten zu haben. Den Weg in die Zukunft hat er geebnet, trotz all der Nebengeräusche um den Faktor Zeit und Gerüchte um möglicherweise andere Topspieler wie Florian Wirtz.

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