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CDU-Chef stellt Minister vor: Bei ihr fällt Merz in die 90er-Jahre zurück

Friedrich Merz blickt in die Gesichter seiner Ministerinnen und Minister. Eben hat er sie der Reihe nach vorgestellt, für jeden lobende Worte gefunden. „Wir brauchen eine starke Bundesregierung und das wird eine starke Bundesregierung“, sagt Merz. Sein Blick verrät: Er glaubt an diese Leute. Daran, dass sie durchdringen können. Nach drei Ampel-Jahren mit wenig Licht und viel Schatten.

Er habe in den vergangenen Tagen viel nachgedacht über die Postenverteilung in seinem Kabinett. Schließlich gebe es hohe Erwartungen, bei den Leuten, bei den Medien. Nacheinander holt Merz beim Kleinen Parteitag der CDU in Berlin, der den Koalitionsvertrag zuvor abgesegnet hatte, seine Regierungsmannschaft zu sich auf die Bühne.

Merz beginnt mit seinem engen Vertrauten und Fraktionsmanager Thorsten Frei, der für ihn das Kanzleramt leiten soll. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Merz preist Frei, spricht von „absolutem Vertrauen“ und „absoluter Verschwiegenheit“, die ihn prädestiniere für den Job als Kanzleramtsminister. „Ich setze auf dich“, sagt Merz zu Frei. Frei lächelt fröhlich. Auch wenn er für höhere Ämter im Gespräch war, etwa als Innenminister oder Fraktionsvorsitzender. Als Chef des Kanzleramtes wird er an zentraler Stelle der neuen Regierung sitzen und Merz‘ rechte Hand bleiben.

„Joe“ wird Außenminister

„Joe“ ist der nächste. So nennt Merz den Mann, den er als künftigen Außenminister präsentiert. Johann Wadephul. Mit ihm wird erstmals seit 1966 wieder ein Christdemokrat das Auswärtige Amt leiten. Merz hofft darauf, dass er mit einem Parteifreund als Außenminister Deutschlands europäischen und internationalen Partnern mit einer Außenpolitik aus einem Guss gegenübertreten kann. „Wir haben beide gemeinsame Reisen unternommen“, sagt Merz zu Wadephul, der seit 2017 stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion für Außenpolitik ist. „Ich freue mich, dass du jetzt wieder operativ in die Politik einsteigst“, so Merz.

Bei der Vorstellung der ehemaligen CDU-Politikerin und Unternehmensmanagerin Katherina Reiche als neue Wirtschaftsministerin, kommt Merz richtig in Fahrt. Endlich werde wieder Wirtschaftspolitik gemacht, tönt er. Merz kürt Reiche gar zur „ersten Frau im Wirtschaftsministerium“. Dabei stimmt das nicht. Die SPD-Politikerin Brigitte Zypries war nach Sigmar Gabriels Wechsel ins Außenministerium von 2017 bis 2018 Bundeswirtschaftsministerin. Reiche macht einen souveränen Eindruck. Sie nickt Merz freundlich zu, schüttelt ihm die Hand, wirkt sehr kontrolliert. Für sie ist es nach zehn Jahren Politik-Pause die Rückkehr auf die politische Bühne.

„Es müssen nicht immer die eine Aufgabe bekommen, die am lautesten schreien“, leitet Merz die Vorstellung des designierten Verkehrsministers Patrick Schnieder ein. Mit ihm hatte kaum jemand gerechnet. Merz lobt, als einer der parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion kenne Schnieder sich „im Maschinenraum der Fraktion“ aus, auch wenn er nicht so sehr in der Öffentlichkeit gestanden habe.

Als Schnieder sich Merz nähert, kichert der Saal. Denn beim Handshake mit dem Rheinland-Pfälzer muss Merz nach oben schauen. Das dürfte dem wahrscheinlich nächsten Kanzler mit seinen 1,98 Metern nicht allzu häufig passieren. Doch Schnieder ist noch größer als Merz. „Ich komm gleich dazu, dann wird das wieder besser“, sagt Merz scherzhaft, als er zur Seite blickt und sieht, dass Schnieder den neben ihm platzierten „Joe“ Wadephul gleich um fast zwei Köpfe überragt.

Eine vom Fach, eine nicht

Dann ruft Merz Karin Prien auf. Er attestiert der bisherigen Kultusministerin aus Schleswig-Holstein, in den Koalitionsverhandlungen „sehr stringent und sehr aktiv“ aufgetreten zu sein. Sie habe wie Merz die Bereiche Bildung und Familie zusammenführen wollen und sich damit durchgesetzt. Eine vom Fach, das ist Merz‘ Botschaft.

Anders bei Nina Warken. Sie hat er in seinem Kabinett als Gesundheitsministerin vorgesehen, obwohl das bisher nicht das Fachgebiet der 45-Jährigen ist. „Ihren Namen hatte kaum jemand auf dem Zettel“, bekennt Merz. „Ich schon.“ Warken wirke eher im Stillen, sagt Merz über die Generalsekretärin der Baden-Württemberger Landes-CDU. Wie Schnieder ist sie Bundestagsabgeordnete und bisher eine der parlamentarischen Geschäftsführerinnen der Unionsfraktion. Merz ergänzt, sie habe eine Aufgabe, „die sicherlich zu den schwierigsten in Deutschland gehört“ und meint damit etwa die Lage der Pflegeversicherung, auch die vielen Lobby-Interessen, die eine Gesundheitsministerin balancieren muss.

Als letzten Minister präsentiert Merz Karsten Wildberger. Der Chef von Media Markt und Saturn wechselt als Digitalminister in die Politik. „Ich freue mich wirklich sehr, dass es mir gelungen ist, jemanden aus der Wirtschaft für dieses Amt zu gewinnen“, sagt Merz. Das habe er im Wahlkampf versprochen. Als Manager verfüge Wildberger über Transformationserfahrung und wisse, wie es besser gehe, „als wir es bisher gemacht haben“. Wildberger wirkt konzentriert und sehr ruhig. Dass er zum ersten Mal eine derart breite Öffentlichkeit betritt, merkt man ihm nicht an. „Ein Ministeramt bedeutet auch eine ganz andere öffentliche Betrachtung“, so Merz. Es sei nicht selbstverständlich, dass erfolgreiche Persönlichkeiten ihre Top-Jobs aufgeben, um Minister zu werden.

Viel Erfahrung und ein Neuling

Neben den sieben Ministerjobs stellt Merz noch die fünf von der CDU ausgewählten Staatsminister vor: Der konservative Publizist Wolfram Weimer wird im Kanzleramt als Beauftragter für Kultur und Medien wirken. Er sei „ein Mann, der beides kann“, sagt Merz. Weimer ist gut bekannt mit Friedrich Merz, in einem politischen Amt ist er ein Neuling.

Um die Bereiche Sport und Ehrenamt, nach eigener Angabe Herzensanliegen von Merz, kümmert sich künftig Christiane Schenderlein. Sie „kennt sich aus in der Politik, kommt aus Sachsen und wird dem Ehrenamt eine Stimme geben“, so Merz. Sachsen betont er dabei besonders deutlich. Schenderlein ist neben Reiche die einzige in der Riege mit ostdeutscher Biografie. Michael Meister soll Staatsminister für Bund-Länder-Beziehungen werden. Merz lobt ihn als „erfahrenen Parlamentarier“. Seit 1994 gehört Meister dem Deutschen Bundestag an, in zwei Ministerien war er bereits parlamentarischer Staatssekretär.

Schließlich nennt Merz noch die Staatsminister im Auswärtigen Amt. Zunächst ein Name, „den Sie alle kennen“, wie Merz Delegierten und Pressevertretern entgegenruft. Es geht um Serap Güler, Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete mit türkischen Wurzeln. Letzteres ist der Aspekt, der nach Merz‘ kurzer Vorstellung hängen bleibt. „Sie wird einen großen Beitrag für das Gesicht der Union leisten“, sagt er. Dass Güler im Verteidigungsausschuss sitzt und als ehemalige Staatssekretärin in NRW Regierungserfahrung mitbringt, erwähnt er nicht. Merz sagt, sie werde „eine wichtige Funktion für uns sein, auch mit ihrem persönlichen Hintergrund.“ Es ist ein Moment, in dem Merz doch wieder wie ein Mann der 90er-Jahre wirkt.

Bei Gunther Krichbaum stehen dann wieder seine Kompetenzen im Vordergrund. Er spreche fließend französisch, fließend englisch und sei „in ganz Europa bekannt wie kaum ein Zweiter aus unserer Bundestagsfraktion“. Danach folgt die Aufstellung fürs Foto. Merz dirigiert, sagt an, in welche Kamera wann gemeinsam hineingeschaut werden soll. Seine Minister folgen ihm lächelnd. Dass er stärker führen will als Olaf Scholz, das hat Merz häufig genug angekündigt. Zumindest bis zum Gruppenfoto hat er das Versprechen eingehalten.

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