Die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern befürchtet Nachteile bei der Vergabe von Aufträgen aus dem Milliarden-Investitionspaket des Bundes. Dass gerade die Landesregierung in Schwerin mit einem Entschließungsantrag für den Bundesrat die Auftragsvergabe an Großbetriebe erleichtern will, ruft Verbände und Kammern im Land auf den Plan.
Die gezielte Ausschreibung von Großaufträgen widerspreche der mittelstandsfreundlichen Vergabe, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Profitieren würden mächtige Generalunternehmen. Einzelaufträge über Teil- und Fachlose hingegen würden den Mittelstand und seine Fachbetriebe stärken.
Nach Information der Industrie- und Handelskammern in Rostock und Schwerin reichte die Landesregierung ihren Antrag am 8. Juli beim Bundesrat in Berlin ein. Demnach soll zur schnellstmöglichen Umsetzung der Investitionsvorhaben auch eine Rolle spielen, wie schnell Firmen die Aufträge umsetzen können. In Mecklenburg-Vorpommern aber gibt es kaum große Planungsbüros und Baufirmen, die dafür infrage kämen.
Für die kommenden zwölf Jahre kann MV mit knapp zwei Milliarden Euro aus dem insgesamt 500 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen des Bundes rechnen. Das Geld soll vor allem zur Sanierung von Schulen und Straßen genutzt werden. Außerdem erwartet die Landesregierung, dass weitere Mittel aus dem Investitionspaket des Bundes in den Norden fließen, etwa für den Ausbau der Hafeninfrastruktur.
Angst vor Auftragsverlusten für heimischen Mittelstand
Werde vorrangig auf Gesamtvergaben an Global-Player gesetzt, führe dies zu Auftragsverlusten des heimischen Mittelstands. „Es schwächt unsere Bauwirtschaft in MV“, warnte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Mecklenburg-Vorpommerns, Axel Hochschild. Damit der „Bau-Turbo“ für die öffentliche Hand in den Kommunen wie gewünscht zünde, müsse er mit klein- und mittelständischen Unternehmen umgesetzt werden. „Kurz gesagt – die Arbeit muss im Land bleiben“, forderte die Präsidentin der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern, Gesa Haroske. Ähnlich äußerte sich Arbeitgeberpräsident Lars Schwarz.
Die Vergabe kleiner Auftragslose sei „eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit“, mahnten die IHK-Präsidenten Klaus-Jürgen Strupp (Rostock) und Matthias Belke (Schwerin). Sie verwiesen dabei auch auf eine Empfehlung des EU-Binnenmarktausschusses, kleinen und mittleren Unternehmen die Teilnahme an Ausschreibungsverfahren zu erleichtern. Es sei unverständlich, weshalb sich gerade die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns gegen die Interessen der heimischen Wirtschaft stelle, sagte Christoph Meyn, Präsident der Architektenkammer MV.
Geue verspricht: Mittelstandsfreundliche Praxis bleibt Regelfall
Nach den Worten von Finanzminister Heiko Geue (SPD) ist sich die Landesregierung ihrer Verantwortung für die mittelständische Wirtschaft bewusst. „Wir wissen, dass die Losvergabe nicht nur dem Mittelstand zugutekommt, sondern auch die regionale Wertschöpfung stärkt und Arbeitsplätze im Land sichert. Diese mittelstandsfreundliche Praxis bleibt der Regelfall – daran ändert sich nichts“, versicherte Geue.
Doch müsse der öffentliche Bauherr auch in der Lage sein, sorgfältig abzuwägen. Denn in bestimmten Fällen, etwa bei komplexen Großvorhaben oder bei Maßnahmen, die der Verteidigungsbereitschaft dienten, könne eine Gesamtvergabe im Sinne einer schnelleren Umsetzung sinnvoll und notwendig sein. „Gerade bei diesen Projekten wird die höchstmögliche Baugeschwindigkeit entscheidend sein“, betonte Geue. Er rief die Bauwirtschaft in MV auf, miteinander zu kooperieren und auch bei komplexeren Ausschreibungen mitzubieten.