Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hält einen verpflichtenden Wehrdienst nicht für erforderlich. „Wir müssen die Attraktivität der Bundeswehr steigern. Ich bin mir sicher, über diesen Weg wird man ausreichend Freiwillige finden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit, kostenlos beim Bund den Führerschein zu machen.
Auf die Nachfrage, ob die Bundeswehr als Freiwilligenarmee kriegstüchtig werde, sagte Klingbeil: „Es ist unsere Aufgabe, die Bundeswehr zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen, unsere Soldatinnen und Soldaten gut auszustatten mit moderner Ausrüstung und der Truppe die öffentliche Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdient hat.“ Das stärke die Verteidigungsfähigkeit.
Angesichts der Personalnot bei der Bundeswehr hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auf einen „neuen attraktiven Wehrdienst“ geeinigt. Dieser soll „zunächst auf Freiwilligkeit“ basieren. Die Union hatte ursprünglich eine Rückkehr zur Wehrpflicht verlangt.
Experten für Teil-Wehrpflicht
Die Militär- und Sicherheitsexperten Sönke Neitzel und Carlo Masala hatten sich vehement gegen die neue Freiwilligkeit bei der Wehrpflicht ausgesprochen. „Wir müssen die Wehrpflicht wieder einführen“, sagte der Militärhistoriker der Universität Potsdam, Neitzel, im „ntv Salon“. Es gehe dabei nicht um das Wiedereinsetzen der alten Wehrpflicht, also darum, alle jungen Männer eines Jahrgangs einzuberufen. Denn dies wären einfach zu viele. Aber fünf Prozent eines Jahrgangs, so Neitzel, sollten zur Bundeswehr beordert werden – nach dem schwedischen Modell.
Auf freiwilliger Basis, wie nun im Koalitionsvertrag festgehalten, werde das nicht gelingen, „das muss man ganz einfach so sagen“, sagte Neitzel. „Diese Sache mit der Freiwilligkeit, die die SPD da reingeschrieben hat – da musste ich mich erst mal ärztlich versorgen lassen.“
In Schweden müssen jedes Jahr sämtliche 18-Jährige einen Fragebogen der Musterungsbehörde ausfüllen. Die Streitkräfte kommen dann auf die Personen zu. Melden sich nicht genügend Freiwillige, können diejenigen, die für den Wehrdienst am besten geeignet scheinen, auch zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD wird zwar auf das schwedische Modell verwiesen, dass Menschen verpflichtend zur Bundeswehr geholt werden, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden, ist jedoch nicht vorgesehen. Dem „Spiegel“ sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Wir gehen davon aus, dass wir in den ersten Jahren genügend Freiwillige gewinnen können, über eine Pflicht müssen wir dann gar nicht diskutieren.“