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Klingbeil siebt SPD hart durch: Drei denkbare Kanzlerkandidaten werden Minister – eine nicht

Die Logik des Politikbetriebs folgt zuweilen Regeln, die Personalcoaches aus der Wirtschaft zum Verzweifeln bringen würden. SPD-Chef Lars Klingbeil gehört zu den maßgeblich Verantwortlichen für das schlechteste Wahlergebnis der Sozialdemokratie seit Bestehen der Bundesrepublik. Nun steigt der 47-Jährige auf zum Vizekanzler und Bundesfinanzminister, zudem wird er mutmaßlich Parteivorsitzender bleiben. Abwärts geht es für andere: Der bisherige Arbeitsminister Hubertus Heil, die scheidende Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Entwicklungsministerin Svenja Schulze gehören dem neuen Kabinett nicht an. Dabei hatten sie ihre Ämter weitgehend fehlerlos bis hervorragend ausgefüllt.

Klingbeil will sie dennoch nicht im schwarz-roten Kabinett haben. Sie sind nicht die Zukunft der Sozialdemokratie, wie Klingbeil sie definiert. Männer und Frauen, die Bundeskanzler Olaf Scholz für sein Ampelkabinett nominiert hatte, zählen nicht dazu. Denn auch Verteidigungsminister Boris Pistorius, der als einziger sowohl der alten als auch der neuen Bundesregierung angehört, saß nicht von Beginn an mit am Kabinettstisch. Er ersetzte erst im Februar 2023 Christine Lambrecht, die sich als amtliche Fehlbesetzung für den Posten entpuppt hatte. Seither ist Pistorius Deutschlands beliebtester Politiker. Zur Bundestagswahl 2029 wird der Niedersachse noch immer ein Jahr jünger sein als Friedrich Merz, der nun mit 70 Jahren zum Kanzler vereidigt wird.

Auch Bas hat Möglichkeiten

So wie am beliebten Pistorius kam Klingbeil auch an Bärbel Bas nicht vorbei. Im Amt der Bundestagspräsidentin hat sich die Duisburgerin einen Namen gemacht mit ihrer geradlinigen, unaufgeregten Art. Bas hat eine sozialdemokratische Aufsteigerbiografie par excellence vorzuweisen. In einfache Verhältnisse geboren, hat sie sich hochgearbeitet vom Hauptschulabschluss zur Personalmanagerin einer Krankenkasse. Fünfmal in Folge gewann sie ihren Wahlkreis. Während Olaf Scholz in seinen Kanzlerferien philosophische Traktate las, entspannt sich Bas nach eigenen Angaben mit Thrillern, ihrem MSV Duisburg oder Motorradfahren. Nun wird sie Ministerin für Arbeit und Soziales.

All dies prädestiniert Bas, bei der Landtagswahl 2027 in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidatin anzutreten. Aber wer weiß, vielleicht hat auch sie Kanzlerinnenformat? Ihre Aufsicht über das größte Budget aller Ressorts wird es zeigen. Klingbeil ist jedenfalls nicht ohne Konkurrenz im neuen Kabinett. Als Vizekanzler und Bundesfinanzminister ist er zwar ein logischer Kandidat, die SPD in der nächsten Bundestagswahl anzuführen. Doch was ihm, Bas und Pistorius gemein ist: Sie haben keine Erfahrung als Regierungschefs und daher kein entsprechendes Profil.

Auch mal in den Ländern umsehen

Klingbeil hatte am für die SPD maximal niederschmetternden Wahlabend einen „Generationenwechsel“ und „personelle Umbrüche“ angekündigt. Die hat er nun ohne Rücksicht auf Verluste vollzogen. Die ebenfalls versprochene inhaltliche und organisatorische Neuaufstellung steht noch aus: Sie folgt aus der Aufarbeitung der Bundestagswahl 2025. Teil dieser Aufarbeitung wird auch die Frage sein, warum es der SPD nicht gelungen ist, ihre wirklich erfolgreichen Persönlichkeiten nach vorne zu stellen. Anke Rehlinger im Saarland, Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern, Peter Tschentscher in Hamburg, Stephan Weil in Niedersachsen und Dietmar Woidke in Brandenburg: Die SPD hatte auch in den vergangenen Jahren Ministerpräsidenten in ihren Reihen, die trotz der unbeliebten Ampelkoalition Wahlen gewinnen konnten, weil sie Format haben und nahe an den Menschen sind.

Bis 2029 wird sich die Frage stellen, ob nicht aus dieser Riege eine Frau oder Mann nach vorne tritt und deutlich macht: Der nächste SPD-Kanzlerkandidat kann, aber muss nicht aus dem innersten Machtzirkel in Berlin kommen. Vor allem Manuela Schwesig drängt sich als kommende starke Frau der SPD auf, sollte sie im nächsten Jahr Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich gegen die blaue Welle der AfD verteidigen.

Für die SPD sind so viele personelle Optionen ein großes Glück in schwieriger Lage. Für Klingbeil macht das die kommenden Wochen und Monate in neuer Rolle als Finanzminister nicht einfacher: Er wird inhaltlich und im Auftreten überzeugen müssen, nicht zuletzt beim Bundesparteitag Ende Juni. Denn: Vergessen hat die SPD Klingbeils Verantwortung für ihre historische Wahlniederlage noch lange nicht.

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