Borussia Dortmund übernimmt vorübergehend die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga und erhöht so den Druck auf den FC Bayern. In einem erst spektakulären, dann leidenschaftlichen Spitzenspiel ringen die Schwarzgelben die Gäste aus Leipzig mit Können und Glück nieder.
Nico Schlotterbeck und Alexander Meyer nahmen die Glückwünsche ihrer erleichterten Teamkollegen entgegen, die Dortmunder Fans sangen im Rausch des nächsten Siegs bereits von der Meisterschaft: Dank famoser Rettungsaktionen von Schlotterbeck und Torhüter Meyer tief in der Nachspielzeit hat Borussia Dortmund ein 2:1 (1:0) im intensiven Topspiel gegen RB Leipzig ins Ziel gebracht und sich mit dem Vereinsrekord von acht Liga-Siegen in Folge mindestens eine Nacht an der Tabellenspitze gesichert. Bayern München kann am Samstag beim VfB Stuttgart kontern.
„Wir sind sehr, sehr glücklich“, sagte Kapitän Marco Reus bei DAZN. „Wir mussten bis zum Ende zittern. Am Ende gewinne ich aber lieber anstatt gut zu spielen und zu verlieren. Es war unser großer Wunsch, wieder die Tabellenführung zu übernehmen und weiter Druck zu machen.“ Die Borussia moderierte den Leipziger Ansturm lange Zeit so kompromisslos ab, wie sie es in den vergangenen Wochen mit allen Gegnern getan hat. Reus (21.) verwandelte einen Foulelfmeter und stieg zum zweitbesten Pflichtspiel-Torschützen der Klub-Historie auf (159), einen Schuss von Emre Can (39.) fälschte RB-Profi Xaver Schlager ins Tor ab. Nach dem zehnten Sieg im zehnten Pflichtspiel seit Jahresbeginn ist das Dortmunder Selbstvertrauen immens.
Leipzig versäumte die Gelegenheit, mit einem Sieg einen Vierkampf um die Schale zu eröffnen. Der Pokalsieger liegt sieben Punkte zurück und muss zusehen, die erneute Qualifikation für die Champions League zu sichern. Emil Forsberg (74.) traf für RB – die Drangphase in den Schlussminuten kam zu spät. „Wir haben eine tolle zweite Halbzeit gespielt, waren am Drücker und die bessere Mannschaft“, sagte Forsberg: „Dortmund macht es sehr gut, sie haben einen Lauf. Man kann nichts anderes als ‚Glückwunsch‘ sagen.“
RB-Trainer Marco Rose hatte seine alten BVB-Bekannten freundlich begrüßt, auch „zwei, drei Telefonate“ gab es vorab. Sportlich konnte er sich ebenfalls erstmal freuen, denn Christopher Nkunku, Deutschlands Fußballer des Jahres, gab nach 111 Tagen sein Comeback in der RB-Startelf. Dortmund fehlte ganz kurzfristig der überragende Rückhalt der vergangenen Wochen. Torhüter Gregor Kobel bekam noch beim Aufwärmen Muskelprobleme, Schlotterbeck rettete Vertreter Meyer mit einer Grätsche gegen Nkunku vor der ersten Bewährungsprobe (4.). Leipzig spielte nach Ballgewinn steil in die Spitze, wo der präsente Nkunku und Andre Silva gefährlich lauerten.
Die erste BVB-Aktion nutzte Julian Brandt perfekt, doch Schiedsrichter Sven Jablonski nahm das Tor nach VAR-Zuruf aus Köln zurück: Brandt war der Ball an den Arm gesprungen (14.). Seinen nächsten Schuss blockte Josko Gvardiol, es ging in höchstem Tempo rauf und runter, bis RB-Torhüter Janis Blaswich Reus von den Beinen holte. Der Kapitän schloss in der Rekordliste zu Michael Zorc auf. Danach wurde es etwas ruhiger, weil die Passketten der Dortmunder immer wieder unterbrochen wurden und Leipzig längere Phasen von Ballbesitz bekam. Die RB-Angriffe aber waren auch nach der Pause zunächst wenig konsequent. Auch Nkunku war lange nicht mehr zu sehen – längere Druckphasen endeten ohne präzise Abschlüsse.
Der BVB stand solide, fand aber spät ins Kontern: Blaswich parierte spektakulär gegen Reus (67.) Jude Bellingham Can und Salih Özcan verdichteten das Mittelfeld enorm – das könnte auch am Dienstag eine Lösung für das Champions-League-Rückspiel beim FC Chelsea sein (Hin: 1:0). Auf der anderen Seite reagierte Meyer stark bei einem Nkunku-Schuss (70.), dann schob Forsberg den Ball ins Tor. In der hektischen Nachspielzeit rettete zunächst Schlotterbeck artistisch mit der Schulter, dann war erneut der brillante Kobel-Vertreter Meyer zur Stelle.