Donnerstag, 02.Mai 2024 | 19:48

Viele Firmen ohne Jobs für Schwerbehinderte

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Jedes fünfte Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern mit mehr als 20 Mitarbeitern kommt seiner gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung von Schwerbehinderten nicht nach. Wie die Arbeitsagentur Nord mitteilte, betrifft dies von landesweit gut 3300 fast 720 Betriebe, die stattdessen eine Ausgleichsabgabe zahlen. Weitere 950 Firmen erfüllen die Vorgaben nur zum Teil und gleichen das ebenfalls finanziell aus.

Agenturchef Markus Biercher fordert ein Umdenken. “Angesichts der schon vorhandenen oder absehbaren Arbeits- und Fachkräfteengpässe in vielen Branchen sehe ich in der Gruppe der Menschen mit Behinderung ein Potenzial, das noch stärker genutzt werden sollte”, sagte er zur Begründung. Im März dieses Jahres seien im Nordosten 4200 Schwerbehinderte arbeitslos gemeldet gewesen. Biercher rief die Unternehmen auf, “motivierten Bewerberinnen und Bewerbern mit Handicap eine Chance zu geben”.

Viele positive Beispiele im Land zeigten, dass sich dies auch für die Betriebe lohne. Von den rund 1640 Unternehmen, die ihrer Beschäftigungspflicht nachkämen, hätten fast 1100 mehr Schwerbehinderte eingestellt als vorgeschrieben. Biercher verwies zudem auf ein breites Angebot von Förderinstrumenten der Arbeitsagentur. Dieses reiche von Eingliederungszuschüssen bis hin zu Finanzhilfen für die behindertengerechte Ausstattung der Arbeitsplätze.

Nach Einschätzung von Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) werden die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen von Arbeitgeber noch oft verkannt und zu wenig genutzt, “um konstruktiv auf den Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel zu reagieren”. Es passe nicht zusammen, dass vielfach über Arbeitskräftemangel geklagt werde und gleichzeitig 700 private Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern mit mindestens 20 Beschäftigten keinen einzigen schwerbehinderten Menschen angestellt haben. “Wir müssen vor allem in den Köpfen oft noch Barrieren abbauen, um die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe nachhaltig zu verbessern”, sagte Drese.

Laut Statistik waren im Jahr 2021 in Mecklenburg-Vorpommern 20 300 Menschen mit Schwerbehinderung in privaten und öffentlichen Betrieben mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren zwar 3500 mehr als zehn Jahre zuvor, zugleich aber 700 weniger als 2020. Ob die Folgen der Corona-Pandemie Grund für die Trendumkehr waren, lässt sich aus der Statistik nicht ablesen.

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Menschen mit Schwerbehinderung zu besetzen sind. Wo dies nicht erreicht wird oder nicht erreicht werden kann, werden gestaffelte Ausgleichszahlungen fällig. Die Einnahmen werden genutzt, um die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern.

Nach Angaben des Sozialministeriums in Schwerin wurden in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 knapp vier Millionen Euro aus der Ausgleichsabgabe genutzt. Damit sei die Beschäftigung von 936 schwerbehinderten Menschen gesichert worden. Etwa 440.000 Euro seien für die Schaffung von knapp 100 neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeits- und Ausbildungsplätzen eingesetzt worden, 400.000 Euro für eine notwendige Arbeitsassistenz.

Die meisten Schwerbehinderten waren mit 4800 in der öffentlichen Verwaltung tätig, 4200 im Gesundheits- und Sozialwesen, 2200 im Verarbeitenden Gewerbe und 1500 im Handel.

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