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Wie dem FC Bayern der moderne Fußball dramatisch entgleitet

„Wir wollen Manuel. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Aber die Schalker dürfen jetzt bloß keine Mondpreise aufrufen“, sagte Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender Uli Hoeneß im späten Frühjahr 2011. Der Rekordmeister hatte sich damals entschieden, den Nationaltorhüter Manuel Neuer vom FC Schalke 04 zu verpflichten – und der gebürtige Gelsenkirchener Neuer hatte den Bayern auch bereits seine Zusage gegeben. Das Problem, wie aktuell im Fall Nick Woltemade: Der Keeper der Königsblauen besaß noch einen laufenden Vertrag auf Schalke!

Und so meinte S04-Aufsichtsrat Clemens Tönnies damals mit Pathos in der Stimme: „Ich lasse einen Manuel Neuer nicht so einfach gehen. Er ist für mich wie ein Sohn. Ich bin strikt gegen diesen Transfer. Ich will Manuel den Bayern noch aus dem Rachen reißen.“ Über Wochen entwickelte sich eine amüsante Sommerkomödie, andere bezeichneten es später auch als „Schmierentheater“, mit spannenden Wortwechseln.

So reagierte Tönnies damals direkt auf Hoeneß‘ Einlassung zu den möglichen „Mondpreisen“, die man verhindern müsse: „Wie wertvoll Manuel ist, hat er gegen Manchester United wieder mal bewiesen. Wie hoch der Mond hängt, entscheiden wir.“ Doch da hatte noch jemand anderes ein Wörtchen mitzureden. Karl-Heinz Rummenigge sagte an Tönnies gewandt: „Ich denke, Schalke bestimmt nicht, wo der Mond steht. Das macht die Natur schon selber. Im Übrigen haben wir im Moment abnehmenden Mond.“

FC Bayern bestimmt nicht mehr, wie hoch der Mond hängt

Was das alles mit dem aktuellen Fall Nick Woltemade zu tun hat? Max Eberl meinte am Wochenende sichtlich genervt und angefressen: „Bayern München, aber auch alle anderen Vereine auf der Welt, werden keine Mondpreise bezahlen.“ Da sind sie wieder, diese ominösen „Mondpreise“. Doch anders als damals im Jahr 2011, als die Bayern und die Schalker sich trotz aller öffentlich ausgetragenen Bemühungen und Kämpfe um den Nationalkeeper relativ bald hinter verschlossenen Türen auf einen Transfer geeinigt hatten, scheint es dieses Mal vollkommen anders zu laufen. Denn bereits bevor die Bayern und der VfB überhaupt das erste Mal miteinander gesprochen haben, werden medial die ersten Leuchtfeuer und Nebelkerzen gezündet. Willkommen im modernen Fußball, kann man da nur sagen.

Doch genau mit diesen neuen Verhältnissen scheinen die Bayern kollektiv dramatisch zu fremdeln. Anders ist die Kritik von Max Eberl an den „in der Öffentlichkeit geführten Verhandlungen“ und sind besonders die peinlichen Worte von Uli Hoeneß über Lothar Matthäus nicht zu verstehen. Damals im Fall von Manuel Neuer waren sich die Bayern noch sicher (und das vollkommen zu Recht), dass sie es seien, die bestimmen würden, „wie hoch der Mond hängt“.

Doch das waren komplett andere Zeiten als heute! Der „Markt“, den auch die Bayern immer wieder richtigerweise als alles entscheidendes Regulativ ins Spiel bringen, ist um einige Player erweitert geworden. Und ob die Bayern das wollen oder nicht: Diese neuen Mitspieler (seien es Transferflüsterer wie Fabrizio Romano, Reporter von Fußballsendern oder auch die Beraterszene) bestimmen nun maßgeblich mit, um welche Summen es im internationalen Fußball geht.

Keine Steine im Glashaus werfen

Deshalb wirkt dieses unwürdige Schauspiel der Bayern rund um einen möglichen Transfer von Nick Woltemade vom VfB Stuttgart zum Rekordmeister auch eher wie ein kindisches Rebellieren gegen Regeln und Gesetzmäßigkeiten einer Branche, die schon seit Jahren vollkommen aus den Fugen geraten ist. Doch die Bayern, auch wenn sie sich aktuell damit offensichtlich sehr schwertun, haben gar keine andere Wahl, als das Spiel mitzuspielen. Tun sie es nicht, werden sie über kurz oder lang abgehängt werden – wenigstens, wenn es um die Realisierung von geplanten und gewünschten Transfers geht.

Denn all das, was aktuell um einen möglichen Wechsel des Shootingstars Woltemade passiert, ist nichts anderes als der gelebte Alltag im modernen Fußball. Und die Bayern sollten sich hüten, diese Realität, die sie selbst spätestens seit dem Einstieg von Uli Hoeneß als Manager im Jahr 1979 entscheidend mitprägten, zu kritisieren. Mit Steinen im Glashaus zu schmeißen, hat sich noch nie als sinnvolle Taktik erwiesen.

Was der FC Bayern im Hinterkopf behalten muss

Damals, im Sommer 2011, zahlten die Bayern für den recht frischen Nationalkeeper und langjährigen Bundesligatorwart Manuel Neuer übrigens eine durchaus ansprechende Basis-Ablösesumme von 20 Millionen Euro, die über die Jahre laut transfermarkt.de auf 30 Millionen angestiegen sein soll. Für einen Spieler, der nur noch ein Jahr bei den Schalkern unter Vertrag stand, war auch diese Summe durchaus nicht gering – aber vollkommen gerechtfertigt. Zum damaligen Zeitpunkt war dies die zweithöchste Transfersumme für einen Torhüter weltweit, bis heute hält sich Neuer noch unter den zehn teuersten Transfers für einen Keeper.

Und so wird man bei den Bayern aktuell wohl noch einmal genau überlegen müssen, was ihnen ein möglicher Transfer von Nick Woltemade wert ist. Dabei werden sie auch nicht drumherum kommen, die Summen im Hinterkopf zu behalten, die durch die Medien geistern. Das werden sie beim Rekordmeister nicht gerne tun, aber zwangsläufig tun müssen, wenn sie Woltemade wirklich wollen.

Und ohne die Spekulationen um eine genaue Summe weiter anzuheizen: Vielleicht kann es den Bayern auch nicht schaden, sich noch einmal die Beträge vor Augen zu führen, die sie selbst in den letzten Jahren gezahlt haben und die momentan über den Tisch gehen bei anderen Transfers. Denn eine Sache müssen sie ganz schnell in München allesamt akzeptieren: Der Nabel der Fußballwelt dreht sich nicht allein um den FC Bayern. Und anders als im Jahr 2011 noch: Auch in Deutschland mittlerweile nicht mehr!

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